Berlin, 29.01.2019 - Es ist eigentlich eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Nach langem Ringen kommt endlich ein Einwanderungsgesetz, das bereits vom Kabinett verabschiedet wurde und demnächst zur ersten Lesung in den Bundestag geht. Das Gesetz sieht vor, dass künftig nicht nur Akademiker aus Drittstaaten außerhalb der EU angeworben werden dürfen, sondern auch Menschen mit einer klassischen Berufsausbildung.
Doch einer einzigen Branche bleibt diese wichtige Möglichkeit verwehrt: der Zeitarbeit. Der Paragraph 40 des aktuellen Aufenthaltsgesetzes verbietet es der Bundesagentur für Arbeit einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Beschäftigung zu erteilen, wenn die betroffene Person in der Zeitarbeit tätig sein möchte. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen ist dieser Paragraph auch Bestandteil des künftigen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. „Warum dürfen wir keine Fachkräfte anwerben?“, fragt daher Sebastian Lazay, Präsident des Bundesarbeitgeberverbandes e.V. (BAP), in einem Leitartikel der heutigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), und betont: „Unsere Wirtschaft ist auf Zuwanderung angewiesen. Und gerade die Zeitarbeit hat mit der Integration ausländischer Arbeitskräfte sehr viel Erfahrung.“ So belegen die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit, dass mehr als 28.200 Schutzsuchende aus den acht wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern zwischen August 2017 und Juli 2018 ihre Arbeit bei einem Personaldienstleister begonnen haben. Somit fand mehr als ein Drittel der insgesamt 79.500 Geflüchteten, die ihre Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beenden konnten, eine Anstellung in der Zeitarbeit.
Sebastian Lazay bekräftigt in der FAZ seine Hoffnung, dass der entscheidende Paragraph im Gesetzgebungsverfahren doch noch gestrichen wird. Denn die Politik habe grundsätzlich erkannt, dass die Flexibilität durch Zeitarbeit auch der Sicherheit der Stammbelegschaft diene. Doch noch immer gebe es leider Bestrebungen auch in der Politik, die Branche „klein“ zu halten. „Dabei“, macht Lazay deutlich, „geht es gar nicht um die Zeitarbeit, sondern darum, dass die deutsche Wirtschaft Fachkräfte aus dem Ausland braucht.“ Viele kleine und mittelständische Unternehmen hätten gar nicht die Ressourcen, um Personal im Ausland zu suchen. Bester Lösungsweg seien hierbei die Personaldienstleister mit ihrem Know-how und ihrer Expertise bei der Personalsuche. Die Bundesregierung würde bei einem Festhalten am jetzigen Gesetzesentwurf daher insbesondere den kleinen und mittelständischen Unternehmen schaden, wenn sie die Zeitarbeit von der Möglichkeit ausschließe, Fachkräfte aus dem außereuropäischen Ausland anzuwerben, denn „diese Betriebe sind auf uns angewiesen.“
Dies bekräftigt in der FAZ auch Andreas Nusko, Geschäftsführer des mittelständischen Personalvermittlers Franz & Wach: „Unser Problem ist nicht, Aufträge zu bekommen, sondern die Stellen zu besetzen.“ Dabei sei der Bedarf mittlerweile so groß, dass „wir mit unseren Fachkräften beim Kunden jeden Preis erzielen können.“ Die Möglichkeit, künftig auch Menschen aus Drittstaaten anzuwerben und ihnen somit eine Perspektive auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu bieten, würde auch Nusko nur allzu gerne nutzen. Doch ohne ein Umdenken seitens der Bundesregierung im laufenden Gesetzgebungsprozess wird allen Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland jegliche Beschäftigungsperspektive in der Zeitarbeit genommen.