BAP-Präsident Sebastian Lazay eröffnete den Arbeitgebertag Zeitarbeit 2018
BAP-Präsident Sebastian Lazay eröffnete den Arbeitgebertag Zeitarbeit 2018

Berlin, 27.06.2018 - Der fortschreitende demografische Wandel und die Digitalisierung gehören zu den beiden Megatrends, die die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt derzeit am stärksten beeinflussen. Wie wird die Zukunft der Arbeit aussehen? Wie wird sich Künstliche Intelligenz, auf die Arbeitswelt und das Leben auswirken? Können wir Menschen den Fortschritt lenken und den Wandel mitgestalten? Diese und weitere Fragen wurden beim diesjährigen Arbeitgebertag Zeitarbeit des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP) mit über 300 Teilnehmern in Berlin diskutiert.


„Die Zeitarbeit ist nicht das Problem, sondern die Lösung"

In seiner Begrüßungsrede kritisierte Extra-Geschäftsführer und BAP-Präsident Sebastian Lazay, dass politische Entscheidungen immer seltener von Fakten und Sachargumenten geprägt sind. Stattdessen dominierten zunehmend gefühlte Wahrheiten oder ideologische Erwägungen. Als bestes Beispiel hierfür führte Lazay die Zeitarbeit an. Diese hat mit Equal Pay nach neun Monaten und einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten deutlich verschärfte Regularien vorgeschrieben bekommen, welche von der Branche als erhebliche Einschränkung empfunden werden. Begründet wurden die Gesetzesänderungen mit dem Schutz der Stammbelegschaft und der Zurückführung der Branche auf ihre Kernfunktionen. „Aber“, so machte Lazaydeutlich, „die Fakten und Daten geben das beim besten Willen nicht her“. Denn der Anteil der Zeitarbeit bewegt sich seit Jahren konstant auf einem Niveau von 2,0 bis 2,3 Prozent und sämtliche wissenschaftlichen Studien haben gezeigt, dass durch Zeitarbeit keine Stammbelegschaft verdrängt wird. Dabei sind es die Personaldienstleister, die mit 66 Prozent die meisten Menschen, die noch nie gearbeitet haben, in Beschäftigung bringen und mit 27,9 Prozent die meisten Geflüchteten in den Arbeitsmarkt integriert haben. „Angesichts dieser Zahlen lässt sich mit Fug und Recht sagen: Die Zeitarbeit ist nicht das Problem, sondern die Lösung“, bekräftigte Lazay.

Prof. Dr. Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung
Prof. Dr. Norbert Lammert, Bundestagspräsident a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung

Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und Präsident des Deutschen Bundestages a.D., thematisierte in seinem Vortrag die Verantwortung des Staates für Vergangenheit und Zukunft vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Wie er herausstellte, bringen die momentanen großen Veränderungen eine enorme Unsicherheit in der Bevölkerung mit sich. Gerichtet an Politik und Wirtschaft betonte Lammert: „Nicht jede Veränderung stellt eine Innovation dar und nicht jede Innovation eine Errungenschaft.“ Doch Veränderungen seien per se nicht negatives, denn ohne sie könne eine Gesellschaft auf Dauer nicht stabil bleiben. Lammert stellte heraus, dass die Digitalisierung nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Politik und die Gesellschaft nachhaltiger verändern wird als sämtliche anderen Technologiesprünge zuvor, denn die „Digitalisierung perforiert territoriale Grenzen und nimmt dadurch Nationalstaaten ihre Souveränität.“ Als beste Antwort auf die digitalisierte globalisierte Welt benannte Lammert daher Europa und den europäischen Integrationsprozess. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage appellierte er an alle politischen Akteure: „Nur mit einem starken und einigen Europa ist die Bewältigung der globalen Herausforderungen durch die Digitalisierung möglich.“

Johannes Vogel, MdB, FDP-Bundestagsfraktion
Johannes Vogel, MdB, FDP-Bundestagsfraktion

Anschließend erläuterte MdB Johannes Vogel, FDP-Bundestagsfraktion, das Arbeitsmarktkonzept der Liberalen „Neue Antworten für eine neue Arbeitswelt“ für den digitalen Wandel. Eine tragende Säule in diesem ist die Zeitarbeit. Diese, so führte Vogel aus, leistet Beeindruckendes bei der Integration von Flüchtlingen in Deutschland, und sei ein wesentlicher Bestandteil eines modernen Arbeitsmarktkonzeptes. „Die Zeitarbeit muss in Zukunft eine ganz neue Rolle spielen, denn sie ist so vielfältig wie die Menschen in unserem Land“, stellte Vogel klar. Dringend notwendig sei es hierbei, dass die Politik die Zeitarbeit von unnötigen Fesseln befreit. „Die Höchstüberlassungsdauer muss abgeschafft werden“, betonte Vogel. Als weitere wesentliche Bestandteile des liberalen Arbeitsmarktkonzepts benannte er zudem insbesondere das Vorantreiben der Digitalisierung, die Modernisierung des Arbeitszeitgesetzes sowie die Einführung eines flexiblen Rentensystems nach skandinavischem Vorbild.

Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist und Physiker
Ranga Yogeshwar, Wissenschaftsjournalist und Physiker

Ein weiterer Höhepunkt des diesjährigen Arbeitgebertages, der von der Finanzjournalistin und ARD-Börsenexpertin Anja Kohl moderiert wurde, war der Vortrag des renommierten Wissenschaftsjournalisten und Physikers Ranga Yogeshwar, der unter dem Leitgedanken „Nächste Ausfahrt Zukunft“ über neue Technologien referierte. Eindrucksvoll erläuterte er, wie sich Gesellschaft, Wirtschaft und Arbeitswelt dadurch wandeln werden. Die Menschheit stehe dabei vor nichts geringerem als der größten Innovation der neueren Geschichte, denn sie wird mit der Überflüssigkeit von dem konfrontiert, was sie vorher geleistet hat. Dringend notwendig sei es daher den Menschen die Angst vor Veränderungen zu nehmen, denn „der Mensch selbst ist das Ergebnis von Veränderungen. Wir sind die erste Generation, die die Welt verändern kann und zwar so, dass sie es selbst noch merkt“. Die Digitalisierung, machte Yogeshwar deutlich, ist hierbei mehr als ein Add-On in irgendeinem Prozess, sondern verändert die Sicht vom Produkt zum Prozess grundlegend. „Wir erleben die Landgewinnung der Künstlichen Intelligenz“, erläuterte Yogeshwar. Diese sei aber kein Jobkiller, sondern ein globaler Jobveränderer.

Im Rahmen des Arbeitgebertages hatte der BAP nach der sehr positiven Resonanz im Vorjahr zudem erneut zu einer HR-Lounge unter dem Motto „Recruiting Tomorrow 2018“ eingeladen. Diese geht auf den Verbandsbereich Personalvermittlung (VBPV) des BAP zurück, der mit der Veranstaltung auf die veränderten Rahmenbedingungen für die Personalgewinnung aufgrund der Digitalisierung von Prozessen aufmerksam machen will. Mit vielen konkreten Beispielen aus der Praxis referierte Prof. Dr. Niels Brabandt, Vorstandsvorsitzender der NB Networks Group und Management-Experte im Bereich der nachhaltigen Unternehmensführung, zum Thema „Cultural Fit: Substanz vs. Hype – Was brauche ich, was ist weniger wichtig?“. „Wichtig“, betonte Brabandt, „ist dabei ein gesundes Maß. Cultural Fit darf nicht hinter die Gewinnorientierung von Unternehmen gestellt werden.“

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